Typen, denen man beim Outing als asexuell begegnen kann

...und ihre charakteristischen Sprüche.


1. Der Ungläubige

Dieser Typ zieht die Existenz von Asexualität in Zweifel und versucht, Asexuelle davon zu überzeugen, dass sie mit ihrer sexuellen Orientierung danebenliegen. Alternativ versucht der Ungläubige laienpsychologisch zu erklären, welche Motivation für ein solches ‚Verhalten‘ vorliegen könnte.

 

„Das hab ich ja noch nie gehört!“

„Aus der Phase wirst du hinauswachsen.“

„Auf keinen Fall, du bist ein Mensch und Menschen sind sexuelle Wesen!“

„Du bist ein Spätzünder.“

„Du willst nur Aufmerksamkeit.“

„Du machst einen auf ‚schwer zu haben‘!“

„Das nehm ich dir nicht ab!“

„Du tust nur so, um besonders zu sein!“

„Das sagst du nur, weil du keinen Partner abbekommen hast!“

 

2. Der Verhörspezialist

Der Verhörspezialist bombardiert Menschen mit aufdringlichen und unangemessenen Fragen und dringt somit regelmäßig unaufgefordert in die Intimsphäre anderer Leute ein.

 

„Masturbierst du?“

„Hattest du schon einen Orgasmus?“

„Was ist mit deinen Sexträumen?“

„Was ist mit Zungenküssen, gehen die?“

„Tust du das aus religiöser Überzeugung?“

„Hat dich jemand emotional verletzt?“

„Was ist mit deinen Genitalien? Funktionieren die richtig?“

„Wurdest du sexuell missbraucht?“

„Wurdest du vergewaltigt?“

 

3. Der Inspektor

Der Inspektor steht im (eingebildeten) Rang eine Stufe über dem Verhörspezialisten, denn dieser Typ hat es nicht nötig, zu fragen. Gestochen scharf formuliert der Inspektor seine Erkenntnisse und weiß die Biografie des Verhörten geschickt für seine Zwecke umzumünzen. Erklärtes Ziel: die asexuelle Orientierung des Gegenübers argumentativ zu widerlegen.

 

 „Du warst doch schon einmal verliebt mit allem Drum und Dran!“

 „Du hattest schon eine Beziehung!“

 „Wer sexuelle Erfahrung hat, ist nicht asexuell.“

 „Ich hab dich aber schon Pornos schauen sehen!“

 „Du bist doch ein leidenschaftlicher Mensch!“

 

4. Der Pseudo-Sympathisant

Dieser Typ wähnt sich in der Lage, die Gefühle seines Gegenübers nachvollziehen zu können und überschüttet seine Diskussionspartner abwechselnd mit Mitleid und Ermunterungen.

 

„Das muss ein beschissenes Gefühl sein.“

„Das tut mir sehr leid für dich.“

„Du weißt nicht, was dir entgeht!“

„Fühlst du dich nicht unglaublich einsam/leer/traurig?“

„Ach, du hast den Richtigen/die Richtige einfach noch nicht getroffen!“

„So hässlich bist du doch gar nicht.“

„Ich finde schon jemanden, der dich nimmt.“

„Gib deiner Sexualität noch eine Chance!“

 

5. Der Komiker

Der Komiker übertrifft sich regelmäßig im Erfinden niveauloser ‚lustiger‘ Sprüche, die regelmäßig eingestreut werden, um Lacher zu ernten.

 

„Pflanzt du dich durch Zellteilung fort?“

„Du Narzisst bist wohl nur in der Lage, dich selbst zu lieben!“

„Da ist wohl jemand pädophil/zoophil, was?“

„Ich kann deinen Heiligenschein schon sehen, Mutter Theresa!“

Lacht dich aus und fordert andere Leute auf, in sein hämisches Gelächter mit einzufallen.

 

6. Der Therapeut

Dieser Typ hält große Stücke auf sein vermeintliches Fachwissen und begreift sich selbst als kompetent genug, diverse laienpsychologische Diagnosen und ‚medizinische‘ Ratschläge zu erteilen, die mit triumphalem Unterton verkündet werden.

 

„Hältst du dich für nicht wertvoll genug, um geliebt zu werden?“

„Wie war das Verhältnis zu deinen Eltern?“

„Das klingt ganz nach [psychische Störung einfügen].“

„Du solltest einen Therapeuten konsultieren.“

„Hast du schon einmal deine Hormone checken lassen?“

„Du bist homosexuell und verdrängst deine Sexualität.“

„Du hast eine mentale Blockade.“

„Hast du schon einmal Viagra/andere Potenzmittel und ‚Lustpillen‘ ausprobiert?“

„Du solltest dich nicht selbst so kasteien! Was ist, wenn du die nächste (sexuell) interessante Person triffst?“

„Du hast eine Bindungsstörung.“

„Wer keinen Spaß am Sex hat, macht dabei etwas falsch.“

„Du hast Hemmungen, dich fallen zu lassen.“

 

7. Der Idiot

Der Idiot begreift überhaupt nicht, worum es eigentlich geht und disqualifiziert sich durch unnötige Kommentare, die im Bezug auf Asexualität keinen Sinn ergeben.

 

„Äh…und das soll jetzt ein Problem sein, oder was?“

„Bist du konservativ/langweilig!“

„Hör auf, so gegen Homosexuelle zu hetzen!“

„Das ist keine echte sexuelle Orientierung, sondern ein Hirngespinst.“

„Hältst du dich für etwas Besseres?“

„Ist das jetzt dein neuer Spleen?“

„Hast du im Internet gelesen, was?“

 

8. Der Moralapostel

Gefangen in der Denkweise des 18. Jahrhunderts, hält der stockkonservative Moralapostel mit klischeebehafteten Äußerungen nicht hinterm Berg und versucht, asexuellen Menschen das 'Ziel des Lebens' schmackhaft zu machen: Fortpflanzung.

 

„Frauen haben gar keine eigene Sexualität und machen das nur dem Mann zuliebe!“

„Es gibt keinen Mann, der keinen Sex will.“

„Schon in der Bibel steht: Seid fruchtbar und mehret euch!“

„Keinen Sex zu haben ist unnatürlich.“

„Fortpflanzung ist der Sinn des Lebens.“

„Es ist deine Pflicht, Enkelkinder für deine Eltern zu zeugen und den Stammbaum der Familie aufrechtzuerhalten.“

 

9. Der Aufreißer

Der Aufreißer hält sich für einen ausnehmend guten Liebhaber und weist mit einigem Stolz regelmäßig auf seine Fähigkeiten hin, weshalb das Sprücherepertoire natürlicherweise begrenzt ist. Alle Aussagen sind mehr oder minder eine Variante folgenden Satzes:

 

„Wenn du mit mir in die Kiste steigst, kann ich das ganz schnell ändern!“

 

10. Der Freund

Jackpot! Hierbei handelt es sich um einen wirklichen Freund, der dich ernstnimmt, auf deine Bedürfnisse Rücksicht nimmt und deswegen auch nicht mir vorhersehbaren Sprüchen um die Ecke kommt.

 

Siku

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Kommentare: 10
  • #1

    Mia (Donnerstag, 07 Januar 2016 13:45)

    Ich hatte schon den "Verhörspezialisten" und den "Therapeuten" und bin richtig froh, dass ich noch an keinen "Aufreißer" geraten bin ! Der Typ ist ja wohl oberpeinlich !

  • #2

    Luna (Donnerstag, 07 Januar 2016 14:07)

    Oh, aber die ganzen Sprüche hast du (habt ihr) nicht alle selber kassiert, oder? Sonst mein herzliches Beileid.

    Falls andere Leser(innen) diese Sternchen (*)auch zuerst irritiert haben: Das sind Endungssterne, das habe ich auch erst im Glossar nachlesen müssen. Die sind deswegen an den Wortenden, um abseits des männlichen Systems auch auf weibliche und andere Geschlechtsidentitäten wie transgender hinzuweisen, wenn ich das richtig verstanden habe.

  • #3

    Siku (Donnerstag, 07 Januar 2016 14:35)

    @Luna: Nein, diese Sprüche haben wir nicht alle kassiert, das wäre wirklich ein Armutszeugnis für unsere Umwelt gewesen... Wenn ich schätzen müsste würde ich sagen, den 'Therapeuten' werden die meisten aus eigener Erfahrung kennen.
    Danke auch, dass du den Endungs-Stern noch einmal erklärt hast, das hätte ich vielleicht vorher tun sollen. Ich habe den Hinweis bekommen, dass einige Leser* sich gendersensible Sprache wünschen würden, bin darin allerdings noch nicht so bewandert. Wenn jemand also ein Sternchen vermisst oder Verbesserungsvorschläge hat, einfach melden.

  • #4

    bet (Donnerstag, 07 Januar 2016 16:47)

    finde das mit den sternen gut. betrifft mich selber zwar nicht, aber wenn so ein stern anderen leuten hilft, sich dazuzugehörig zu fühlen, bin ich dafür.

    siku: ja, ich kenne den ''therapeuten'' auch. (eltern..seufz)

  • #5

    Julia (Freitag, 08 Januar 2016 10:31)

    Jaja, den_die Therapeut_in kenne ich gut... Was man noch hinzufügen könnte (habe ich ebenfalls erlebt):
    Der Widerleger*: "Du hattest schon mal eine Beziehung/Sex"/ "Du hast schon mal jemanden ziemlich leidenschaftlich geküsst"/ "Du warst doch schon mal verliebt" (siehe auch: der Ahnungslose*)
    Alternativ auch, ggf. bei dem Idioten*: "Ist das jetzt dein neuer Spleen?"/ "Hast du im Internet gelesen, was?"

  • #6

    Julia (Freitag, 08 Januar 2016 10:34)

    Nochmal ich, @Siku: ja, geschlechtersensible Sprache finde ich auch gut, kenne mich auch ein bisschen damit aus. Das Maskulinum mit Stern habe ich noch nicht gelesen, üblicherweise würde man so etwas wie "Leser*innen" schreiben (was irgendwo wieder eine Exklusion von Transpersonen nahelegen würde). Grundsätzlich würde ich sagen, womit sich Leute wohlfühlen, ist verhandlungssache, eine allgemeingültige Verfahrensweise fände ich schwierig.

  • #7

    Siku (Dienstag, 12 Januar 2016 10:53)

    @Julia: Danke für deine Vorschläge, die werde ich in meinen Beitrag aufnehmen.
    Der 'Widerleger' wird als 'Inspektor' in der Typenliste erscheinen.

    Nachdem ich es jetzt ein paar Tage lang ausprobiert habe, nehme ich die gendersensible Sprache für diesen Blog zurück. Das hat nichts damit zu tun, dass ich trans- und feministische Perspektiven nicht wichtig finde, allerdings geht es auf diesem Blog nicht um diese Themen, denn mir fehlt die Expertise auf dem Gebiet. Auch möchte ich die Gastautoren nicht dazu verpflichten, gendersensible Sprache zu verwenden.
    Deshalb hiermit der Aufruf an alle, die sich auch Beiträge zu diesen Themen wünschen, selbst einen Artikel dazu zu schreiben.

    Die Thematik werde ich im Hinterkopf behalten und mich generell darum bemühen, vermehrt genderneutrale Ausdrücke wie 'Mensch' oder 'Person' zu gebrauchen.

  • #8

    Fiammetta de Bornelh (Donnerstag, 14 Januar 2016 18:39)

    Ich hatte mal was mit einem Verhörspezialisten. Er stellte mir Fragen über Fragen und ich glaubte zunächst, das tue er, um mich besser zu verstehen, aber später wurde mir klar, dass er einfach seine Neugier befriedigen wollte.

  • #9

    Frank (Mittwoch, 03 Februar 2016 07:26)

    Hallo,
    auf diese Seite bin ich zufällig gestoßen, wegen der abgebildeten Grafiken. Der Inhalt dieser Seiten hat mich erschüttert. Ich kannte das Problem bisher gar nicht, nehme jedoch Sorgen und Nöte anderer Menschen ernst und möchte mit meiner Meinung dazu auch ernst genommen werden.

    Was mich betroffen macht:
    Ich spühre in den überwiegenden Meinungen, Kommentaren und Texten keinen Raum für mich als jemand der Sexualität in vielerlei Art mag. Sexualität und Lust ist für mich die Basis meiner Kreativität und Lustbefriedigung verschiedenster Spielart - damit meine ich nicht nur die körperliche Befriedigung. Sie gehört allerdings mit dazu.

    Sexualität ist meiner Meinung nach in unserer Konsumgesellschaft sehr überbetont, weil es Profit bringt. Diese Überbetonung dient im Kern also lediglich der Geldgier. Ich kann mir durchaus vorstellen das die auf unbewusstes und archetypisches angesetzte Produktwerbung ihre Spuren in unseren Hirnen und Seelen hinterlässt. Schön wäre es, wenn verschiedenste Menschen mit mehr und weniger sexueller Lust sich über solche "Krankheitserreger" im Klaren sind, sich gegenseitig achten und damit das Potential besitzen sich gegen die Ursachen abzugrenzen.

    Manchmal habe ich auch keine Lust - weder zu Sex noch zu kreativer Arbeit oder Sport e.t.c.
    Mögt Ihr denn auch Menschen wie mich? Wenn ich das hier lese bekomme ich das Gefühl das dem nicht so ist. In welche der aufgeführten Schubladen werde ich gesteckt? Werde ich z. B. durch diesen Kommentar einen "Shit Storm" unter Menschen ohne Lust oder/und sexueller "Andersartigkeit" auslösen? Könnt Ihr nachvollziehen und verstehen warum viele Menschen es vorziehen ihre eigene "Unlust" vor anderen, auch vor Euch, leugnen und verbergen? Habt Ihr auch im Blickfeld das andere Menschen ebenfalls, aus unendlich vielen Gründen, unglücklich sein können und sich verletzt fühlen wie Ihr? Könnt Ihr nachfühlen das der Mensch Euch gegenüber oder der Leser dieses Blog ebenfalls den Anspruch hat mit seiner Art zu Leben akzeptiert und geliebt zu werden?

    Danke für die Geduld und das Interesse für diesen Kommentar,
    Frank

  • #10

    Siku (Freitag, 08 April 2016 21:47)

    Zu Frank: Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Einen Shitstorm löst du damit nicht aus, ich bringe Menschen jeglicher sexueller Orientierung den gebotenen Respekt entgegen und möchte niemanden ändern.

    Nur wirst du sicher nicht leugnen können, dass Aromantik und Asexualität unterrepräsentiert sind. Mit dieser Website möchte ich insbesondere Aromantikern und Asexuellen einen Raum bieten, sich zu informieren und ihre Gedanken zum Thema mitzuteilen, diese Website ist primär für diese Zielgruppe gedacht und auch die meisten Kommentare stammen von aromantischen oder asexuellen Menschen. Dass aromantisches und asexuelles Gedankengut auf allosexuelle Menschen oftmals ungewohnt, bisweilen auch schockierend wirken kann ist mir bekannt. Vielleicht konnte es dir aber auch neue Perspektiven aufzeigen, das würde mich freuen.