Es gibt sie nach wie vor, die Stimmen, die Öffentlichkeitsarbeit und Aktivismus zugunsten der Aromantik für nichtig erklären. Angehörige dieser romantischen Orientierung haben durch diese keine Nachteile und werden nicht diskriminiert, so der Tonus. Wie kommt es dann, dass ‚Aromantik‘ immer noch in keinem handelsüblichen Wörterbuch zu finden ist?
Aromantisch zu sein, das heißt im Wesentlichen, etwas nicht zu sein, nämlich romantisch im Sinne romantischer Gefühle für andere Individuen. Aromantische Menschen teilen also eine Nichtexistenz und man könnte sich fragen, warum Angehörige einer Nichtexistenz andere darüber informieren sollten, dass etwas für sie nicht existiert. Im Fall der Aromantiker sind das zwei Sachen. Zwei? Natürlich die Abwesenheit romantischer Gefühle, aber was ist es, war Aromantikern sonst noch fehlt? Etwas sehr Wichtiges, um der Marginalisierung und Pathologisierung dieser romantischen Orientierung entgegenzuwirken: Öffentliche Sichtbarkeit.
Kulturgeister
Es ist eine Sache, in einer Gesellschaft zu leben, die zu einem Löwenanteil aus Menschen besteht, deren Vorstellungskraft regelmäßig durch die Existenz von Aromantik gesprengt wird. Es ist eine andere Sache, dass diese Gesellschaft eine Kultur prägt, die sich nicht im Geringsten um die Interessen von Aromantikern schert und ihre Bedürfnisse abseits der pathologisierenden Schiene nicht zur Kenntnis nimmt.
Aromantische Menschen sind selbst im asexuellen Spektrum die Minderheit unter den Minderheiten und dürfen sich des zweifelhaften Ruhmes brüsten, zu den unsichtbaren Geistern der menschlichen Kultur zu zählen. Außer dem Mythos von der alten Jungfer, dem Märchen vom herzlosen Casanova und der Legende vom Soziopathen sind der breiten Masse über Aromantiker keine (Fehl)Informationen bekannt.
Wer Duden online zurate zieht, laut Startseite DIE Instanz für Fragen zur deutschen Sprache und Rechtschreibung, kann sich offiziell von der aromantischen Unsichtbarkeit überzeugen, denn ein Eintrag zur aromantischen Orientierung ist nicht vorhanden. Leider haben wir zu Ihrer Suche nach ‚Aromantik‘ keine Treffer gefunden. Stattdessen kommt der gutgemeinte Ratschlag der Linguisten: Oder meinten Sie: Romantik?
Aktivismus ist notwendig
Bildungspläne, Forschungsgelder, überhaupt erst einmal ein wissenschaftliches Interesse: all das geht an Aromantik vorbei. Die Ressourcen sind knapp und wer hier nicht aktiv wird und Sichtbarkeitsarbeit betreibt darf sich nicht wundern, warum der Duden immer noch in all seiner normierenden Deutlichkeit erklärt, dass ‚Aromantik‘ kein Wort ist, es Aromantik also gar nicht gibt. Wer nicht aktiv wird, kann niemals etwas verändern. Wer von besseren Zuständen träumt und nicht aufwacht, ebenfalls nicht.
Heute gezeigter Aktivismus kommt vielleicht nicht der eigenen Generation zugute und führt nicht in Sekundenschnelle zum ersten Wörterbucheintrag und der Aufnahme in den Bildungskanon.
In die Annalen der Geschichtsbücher eingehen wird man damit höchstwahrscheinlich auch nicht. Dafür ermöglicht er vielleicht nachfolgenden Generationen von Aromantikern ein Heranwachsen in einer vorurteilsfreien Gesellschaft: mit Toleranz, Sichtbarkeit und der Gewissheit, dass es sich bei Aromantik um eine gesunde romantische Orientierung handelt. Und natürlich mit einem Eintrag bei DER Instanz für deutsche Sprache und Rechtschreibung.
Siku
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Killian (Freitag, 08 Januar 2016 09:09)
Das geht mir auch bei Google so mit dem Romantik-Vorschlag.
Killian (Freitag, 08 Januar 2016 09:24)
Versteh einer Google...habs gerade noch mal probiert und jetzt bekomme ich auch für Aromantik Suchergebnisse.
bet (Samstag, 09 Januar 2016 10:06)
als hätten wir alle wie unmündige kleinkinder einfach mal so just for fun ein a vor die romantik gehängt. ne, duden-leute, das a hat schon seinen grund!
Raffael (Sonntag, 10 Januar 2016 10:07)
Killian, ein Leidensgenosse!^^ Mir würds für den Anfang reichen, wenn die Suchmaschinen mit dem Begriff klarkommen würden und zwar a l l e!